Online GVA Inspirationsgespräch
Kulinarik
Ob ausgezeichnetes Restaurant oder uriges Wirtshaus: Einheimische und Gäste schätzen gutes Essen in stimmigem Ambiente. Wie gelingt die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, regionalen Produzenten, Gastronomie und Hotellerie? Lassen Sie sich inspirieren von Einblicken in die Genusskultur, von unseren Stärken, von unseren Entwicklungspotenzialen und von Zukunftsforschungen.
Es inspirieren:
- Dominic Mayer, Wirtshaus Hörnlingen: Zemma Wirta, eine kulinarisch-kulturelle Kooperation Rankweiler Gasthäuser, #zäm kocha
- Oswald Ganahl, Obmann Verein Bewusst Montafon: Einsatz für regional und kulturell verankerte Landwirtschaft und Lebensmittel
- Jürgen Denk, Hoheneck: Naemmes Guats, Zusammenwirken mit Produzenten
- Angelika Stöckler, Ernährungswissenschafterin: Essen mit gutem Gefühl, wohin gehen die Trends
- Renate Breuß, Kunsthistorikerin: Die Geschichte des Kochens und der Speisen
Besondere kulinarische Erlebnisse durch die Zusammenarbeit von Landwirtschaft, Gastronomie und Tourismus
Dritte und letzte Runde für die Online-Inspirationsgespräche: Am 8. Juni ging es beim letzten der Online-Inspirationsgespräche von Gastgeben auf Vorarlberger Art um das Thema „Kulinarik“.
Gäste, die nach Vorarlberg kommen, schätzen besondere kulinarische Erlebnisse. Neben gutem Essen und stimmigem Ambiente legen viele Besucherinnen und Besucher großen Wert auf Regionalität, Nachhaltigkeit und qualitativ hochwertige Produkte. Außerdem gibt es immer mehr vegetarische und vegane Gäste, die ebenfalls auf ihre Kosten kommen möchten. Damit diese Ansprüche erfüllt werden können, müssen Landwirtschaft, Gastronomie, regionale Produzenten und Tourismus zusammenarbeiten.
Dominic Mayer vom Wirtshaus Hörnlingen ist mit seinem Lokal bei der Rankweiler Kooperation „Zemma Wirta“ aktiv, an der insgesamt sechs Rankweiler Traditionsgasthäuser beteiligt sind. Im Vordergrund steht das gemeinsame Agieren und Organisieren, beispielsweise von Festen, Konzerten oder Genussveranstaltungen. Die Wirte unterstützen sich untereinander in verschiedenen Bereichen, um die Rankweiler Gastronomie gemeinsam auszubauen.
„Bei uns heißt es ‚mitanand statt gegenanand‘. Wir haben zwar unterschiedliche Gäste, die wir ansprechen, im Großen und Ganzen aber die gleichen Ziele. Wir greifen uns in allen Bereichen, zum Beispiel bei der Ausbildung von Lehrlingen, unter die Arme und organisieren gemeinsam Veranstaltungen. Am 1.7. gibt es die nächste Slowfood-Veranstaltung und bald können wir auch wieder Jam-Sessions veranstalten.“
Ein weiteres Projekt, an dem Dominic Mayer beteiligt ist, ist das Projekt „zäm kocha“. Hier wird der Lehrberuf des Kochs bzw. der Köchin in den Vordergrund gerückt. Bisher wurden ausgewählte Restaurants gezeigt sowie Lehrlinge und Ausbildner vor den Vorhang geholt.
Eine Region, in der die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Gastronomie bereits im Vordergrund steht, ist das Montafon. Oswald Ganahl ist Obmann vom Verein „Bewusst Montafon“, der sich für regional und kulturell verankerte Landwirtschaft und Lebensmittel einsetzt. 110 Mitglieder aus Landwirtschaft, Tourismus und Handel, die Wert auf eine Partnerschaft auf Augenhöhe legen, sind beim Verein dabei.
„Wichtig ist die Vernetzung untereinander – dadurch können wir uns besser koordinieren. Bei uns steht das Miteinander im Vordergrund. Enorm wichtig sind die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing, nur so können wir gemeinsam an der Bewusstseinsbildung für regionale Produkte arbeiten. Entscheidend für unseren Erfolg ist auch die Unterteilung in Arbeitsgruppen: Vom Steinschaf über das Bäuerinnen-Buffet bis hin zum Marketing.“
Ein ähnliches Konzept gibt es mit „Walser Buura“ im Kleinwalsertal, das Jürgen Denk vom Wirtshaus Hoheneck mit initiiert hat. Mit dabei sind Landwirte, Erzeuger und Verarbeiter von Lebensmitteln, die im Kleinwalsertal ihren Ursprung haben. Das Vertrauen zwischen Bauern und Gastronomen wird gestärkt, Kontrolle und Transparenz stehen im Vordergrund. Die Produkte bleiben in der Region. Vor Kurzem hat Jürgen Denk das Projekt „Naemmes Guats“ ins Leben gerufen. Hier werden alte Walser Rezepte aufgearbeitet und digital aufbereitet.
„Wir haben schon eine Basis an Rezepten aufgebaut und wollen jetzt weiterwachsen. Neu ist, dass wir die Rezepte in Verbindung mit Lieferanten bringen. So gibt es bei den Rezepten Links, die auf die Homepage der Produzenten weiterleiten. Aktuell suchen wir noch mehr Köche, die auch mitmachen wollen.“
Angelika Stöckler ist Ernährungswissenschaftlerin, berät Unternehmen sowie Betriebe und kennt die Vorarlberger Gastronomen, deren Küche und die Ansprüche der Gäste. Vorarlberg als Tourismusregion locke ohnehin Gäste an, die einen Sinn für Schönes und Exklusives haben, die Natur schätzen und kulinarisch etwas erleben wollen. Laut der Expertin habe sich in Vorarlberg bereits viel getan, die Verbindung von Gastronomie und Landwirtschaft sei entscheidend, damit in Zukunft Regionalität und Saisonalität im Vordergrund stehen.
„Die Besucher und Besucherinnen, die herkommen, legen Wert auf Ehrlichkeit, Transparenz und Gastfreundschaft. Aber auch Sport und Gesundheit wird immer wichtiger. Was ich noch vermisse, sind vegetarische Angebote, da gibt es in Vorarlberg noch viel Potenzial. Durch den Klimaschutz und das gesteigerte Gesundheitsbewusstsein steigt die Nachfrage nach vegetarischen und veganen Gerichten. Es gibt auch immer mehr Flexitarier, die wenig Fleisch essen und sich kleinere Portionen wünschen. Es ist aber auch kulinarisch spannend, was für Rezepte sich durch diese Entwicklung ergeben können.“
Kunsthistorikerin Renate Breuß ist Autorin des Buches „Das Maß im Kochen“, das Kochanleitungen aus 2000 Jahren zusammenträgt und deren künstlerische Gestaltungsprinzipien aufzeigt. Das Buch zeigt außerdem, wie relevant die menschlichen Sinne beim Kochen seit jeher sind und erzählt von spannende Messpraktiken der letzten Jahrhunderte. Wichtig ist der Autorin die Weitergabe des Wissens rund um das Kochen. Saisonalität, Regionalität und Nachhaltigkeit waren schon vor 2000 Jahren in den Küchen präsent.
„Man kann das Kochen mit anderen künstlerischen Gestaltungsprinzipien vergleichen. Köche haben gleich gedacht wie Architekten und Maler, beispielsweise bei Verhältnissen und Proportionen. Viele alte Rezepte zeigen die sinnliche Wahrnehmung der Köche – das Wasser soll beispielsweise nur lächeln und nicht kochen und die Brühe soll mehr rosa als rot sein. Wichtig sind die eigenen Sinne, die beurteilen. Wenn die eigenen Ressourcen kultiviert werden, wird nicht nur das Selbstbild der Köche und Köchinnen, sondern auch das vom Gasthaus und der ganzen Region gestärkt. ‚Eine Welt, die ihre Bauern nicht mehr kennt, versteht vom Kochen, Essen und Trinken nichts mehr‘ – Bauern und Bäuerinnen aber auch Köche und Köchinnen sind mit ihren Produkten und Speisen gute Mittler zwischen Landschaft und Leuten.“