GVA zu Gast
Verner’s 2020 in Bartholomäberg
„Wir nehmen die Regionalität mit ins Jahr“
Mit ihrem „Verner’s 2020“ in Bartholomäberg/Montafon haben sich Doris und Harald Bitschnau einen Traum erfüllt: Das Haus ist Verkostungsraum und Schauküche, alpine Schaubrennerei und Brauerei, Wollwerkstätte und Metzgerei, Hofladen und vielseitige Eventlocation. Es kann vieles und ist alles andere als beliebig: Das Angebot ist aus der Liebe zu Tier, Natur und Handwerk gewachsen.
Schätze der Natur
Doris Bitschnau ist Quereinsteigerin. Ihren Bürojob hat sie vor Jahren an den Nagel gehängt und sich zur Kräuterpädagogin weitergebildet. Den rund 30 Besucher:innen von „GVA zu Gast“ zeigt sie auf dem Spaziergang von der Kirche zum Hof die Schätze der Natur: „In den Feuchtwiesen gibt es im Frühjahr Mädesüß, das den Vorgänger des Aspirins enthält und sich gut für Tee eignet“, erklärt sie und nennt weitere Zutaten: „Wilder Thymian, Spitzwegerich, Löwenzahn, Skabiose, Schafgarbe – alles, was uns die Natur gibt, verwenden wir.“ Ob als Küchenkraut, für Shampoo, Gin oder Limonade.
Die Artenvielfalt sei auf den Magerwiesen größer als im Regenwald, erklärt Doris. Das liege daran, dass sie nur einmal im Jahr mähen, nachdem die Blumen verblüht sind. Die Gülle der Tiere kompostieren die Bitschnaus und bringen sie als fertigen Humus wieder aus. Pilze, Hagebutten, Vogelbeeren, Holderbeeren – vieles, was Doris sammelt, friert sie ein und verwendet es nach und nach. „Wir nehmen die Regionalität mit ins Jahr“, sagt sie.
Qualität vor Quantität
Als die Gruppe am Hof ankommt, treibt Gatte Harald gerade die Montafoner Steinschafe von der Wiese in den Stall. Mit knapp 80 Tieren hält er aktuell die größte Herde in Vorarlberg. Den ganzen Sommer über war sie draußen. Die Rasse war fast ausgestorben gewesen und erfährt durch Landwirt:innen wie ihn eine Renaissance. „Es sind kleine Schafe mit wenig Fleisch und eigentlich wenig rentabel, aber die Qualität ist hoch“, erklärt er. Und sie passen gut hierher: Sie sind genügsam, das Magerwiesen-Heu reicht aus.
Bitschnau schlachtet im eigenen Haus. Jedes Schaf vom Anfang bis zum Ende zu begleiten, ist dem Landwirt ein Anliegen. „Das ist für die Tiere stressfreier, das merkt man auch am Produkt.“ Er verkauft die Tiere im Ganzen oder in Teilen. Alles wird genutzt, nicht nur Edelteile: Harald Bitschnau fertigt Wurst, Leberkäse im Glas u. v. m.
Die Wolle ist Doris’ Leidenschaft: Der Hofladen fungiert gleichzeitig als Wollwerkstatt. Waschen, kardieren, verweben und filzen lässt sie die Wolle von Partnerbetrieben in Vorarlberg und im Alpenraum. Doris fertigt daraus Decken, Dekoartikel sowie Jacken, Gilets und Röcke, die sie und ihre Tochter in aufwendiger Handarbeit nähen. Diese und Erzeugnisse von Bauern und Bäuerinnen aus der Umgebung verkauft sie im Hofladen. „Das sind alles wunderbare Beispiele für faire Kooperationen – ein zentraler Wert der Vorarlberger Tourismusstrategie 2030“, betont Andreas Schwarzmann von Vorarlberg Tourismus.
Tourismusmanufaktur
Harald Bitschnau übernahm den Hof 2015 von seinen Eltern. „Der Name Verner’s stammt vom Urururähne Xaver“, erklärt er. „Mit dem Hof und der Schauküche haben wir einen Ort des Genusses geschaffen. Wir verarbeiten, was es gibt und was wir zu zweit schaffen.“ Größer soll der Betrieb nicht werden – den Boden für Neues bereiten sie hingegen schon: Vor kurzem ist Doris’ Sohn Johannes in den Betrieb eingestiegen.
Der gelernte Bierbrauer stellt ein Lagerbier Wiener Art her, das den Besucher:innen bei der anschließenden Verkostung sichtlich mundet. Im kommenden Jahr möchte der junge Mann seine „Muntabrew“ im Vollerwerb betreiben. „Der Betrieb ist eine typische Tourismusmanufaktur, die sich mit der nächsten Generation nachhaltig weiterentwickelt und auf Ressourcen und Fähigkeiten baut, die da sind“, resümiert Andreas Schwarzmann.
Zugang zur Natur
Das geballte Wissen geben die drei gerne in Veranstaltungen weiter. Viele Gäste sind Firmenkund:innen, die aus dem klassischen Seminarraum in ein Umfeld mit Bezug zur Natur wollen. Am Abend kochen sie gemeinsam aus den Zutaten, die Hof und Umgebung bieten. Johannes leitet Gruppen auf Wunsch im Bierbrauen an. Das „Verner’s 2020“ ist auch ein beliebter Ort für Hochzeiten oder Geburtstage.
„Erstmals ist GVA zu Gast bei Gastgeber:innen, die gleichzeitig Landwirt:innen sind. Sie schlagen nicht nur die Brücke zwischen Strategie und Praxis. Sie vereinen gekonnt die zwei Branchen und schaffen damit Orte und Räume für ein gutes Leben für Tier und Mensch“, betonte Moderatorin Karin Guldenschuh.
GVA zu Gast
bei Verner’s 2020 in Bartholomäberg